Wie wird mein Haus vom Finanzamt bewertet? Erklärt von Rechtsanwalt Gerhard Ruby

Wie wird mein Haus vom Finanzamt bewertet?

1. Überblick:

Das Gesetz bestimmt hierzu folgendes:

„§ 182 Bewertungsgesetz – Bewertung der bebauten Grundstücke(1) Der Wert der bebauten Grundstücke ist nach dem

  • Vergleichswertverfahren (Absatz 2 und § 183), dem
  • Ertragswertverfahren (Absatz 3 und §§ 184 bis 188) oder dem
  • Sachwertverfahren (Absatz 4 und §§ 189 bis 191) zu ermitteln.

(2) Im Vergleichswertverfahren sind grundsätzlich zu bewerten

1. Wohnungseigentum,
2. Teileigentum,
3. Ein- und Zweifamilienhäuser.

(3) Im Ertragswertverfahren sind zu bewerten

1. Mietwohngrundstücke,
2. Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke, für die sich auf dem örtlichen Grundstücksmarkt eine übliche Miete ermitteln lässt.

(4) Im Sachwertverfahren sind zu bewerten

1. Grundstücke im Sinne des Absatzes 2, wenn kein Vergleichswert vorliegt,
2. Geschäftsgrundstücke und gemischt genutzte Grundstücke mit Ausnahme der in Absatz 3 Nr. 2 genannten Grundstücke,
3. sonstige bebaute Grundstücke.“

2. Vergleichswertverfahren

Der Wert von Ein- und Zweifamilienhäusern, Wohnungs- und Teileigentum wird also möglichst im sogenannten „Vergleichswertverfahren“ ermittelt. Hierzu werden die Verkaufspreise vergleichbarer Objekte in gleicher Lage und Ausstattung herangezogen und mit dem hier angegebenen Wert verglichen.

Beispiel 1 Vergleichswertverfahren:

Ein Reihenhaus liegt in einer Siedlung, in der im Jahr 2001 nach Wohn- und Nutzfläche gleichartige Reihenhäuser errichtet wurden. Drei solcher Reihenhäuser sind in 2015 verkauft worden, eines 205.000 € (Februar), eines für 222.000 € (August) und eines für 195.000 € (November). Der Gutachterausschuss der Gemeinde teilt der Bewertungsstelle des Lagefinanzamtes diese Preise als Vergleichspreise mit. Hier dürfte das Finanzamt den Vergleichspreis auf 200.000 Euro festlegen.

Beispiel 2 Vergleichwertverfahren:

Es geht um eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 70 m² und mittlerer Ausstattung. Das Wohngebäude, in dem sie sich befindet ist 1955 in einer Kleinstadt in einem Viertel (Südstadt) mit guter Wohnlage gebuat worden. Der Gutachterausschuss hat in seinem Grundstücksmarktbericht Vergleichsfaktoren zur Bewertung von Eigentumswohnungen angegeben und sich auf eine nicht vermietet, sondern vom Eigentümer selbst bewohnte Musterwohnung von 80 m² Wohnfläche, durchschnittlicher Ausstattung und baujahrstypischem Erhaltungszustand ohne Garage bezogen. Die Faktoren sind getrennt für die einzelnen Stadtbezirke, gute, mittlere und einfache Wohnlage und die Baujahrsklassen 1920 bis 1944 und 1945 bis 1960 angegeben. Für die Südstadt beträgt der Vergleichsfaktor bei guter Wohnlage in der jüngeren Baujahresklasse 1.800 € je Quadratmeter Wohnfläche. Weicht die zu bewertemde Immobilie bei den wertbeeinflussenden Merkmalen vom Mustergrundstück ab, sind bei der Bewertung Zuschläge oder Abschlage vorzunehmen. Hierzu soll der Gutachterausschuss  „Anpassungsfaktoren“ zur Verfügung stellen.Fehlen solche, wird keine Anpassung vogenommen, wenn die Bewertungsmerkmale um höchstens jeweils 20 % vom Vergleichsgrundstück abweichen. In unserem Beispiel beträgt die Abweichung bei der Wohnfläche weniger als 20 %. Der Grundstückswert beträgt dann: Wohnfläche 70 m² x Vergleichsfaktor 1.800 € je m² = 126.000,00 €.

3. Sachwertverfahren

Liegen derartige Vergleichswerte – wie das ganz regelmäßig der Fall ist – nicht vor, kommt das sogen. „Sachwertverfahren“ zum Zuge. Das Sachwertverfahren ist also das Auffangsverfahren. Beim Sachwertverfahren ermittelt sich der Wert eines Objekts sodann wie folgt:

Regelherstellungskosten je Flächeneinheit x Bruttogrundfläche = Gebäuderegelherstellungswert

./. Alterswertminderung

= Gebäudesachwert

+ Bodenwert

= vorläufiger Richtwert

x Wertzahl

= Sachwert

b) Geschäftsgrundstücke, Mietwohngrundstücke und gemischt genutzte Grunstücke werden im sogen. „Ertragswertverfahren“ bewertet.

Hier wird der Wert wie folgt ermittelt:

Rohertrag (Jahresmiete oder „übliche Miete“)

./. Bewirtschaftungskosten

= Reinertrag des Grundstücks

./. Bodenwertverzinsung (Liegenschaftszinssatz x Bodenwert)

= Gebäudereinertrag

x Vervielfältiger

= Gebäudeertragswert

+ Bodenwert

= Grundbesitzwert

4. Rechtslage vom 1.1.1996 bis 31.12.2008

Für die erbschaftsteuerlich Bewertung bebauter Grundstücke galten vom 1.1.1996 bis 31.12.2008 die §§ 146 ff BewG a.F.. Sie erfolgte grundsätzlich nach dem sog. Ertragswertverfahren, welches Grundstück und Gebäude einheitlich erfasste. Die Formel für die Wertermittlung lautete:

Jährliche Nettokaltmiete x Faktor 12,5 – Wertminderung wegen Alters (§ 146 Abs. 2 BewG).

Bei der jährlichen Nettokaltmiete war grundsätzlich auf die durchschnittliche Jahresmiete der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt abzustellen. Der Besteuerungszeitpunkt war der Zeitpunkt der Steuerentstehung. Nach § 146 Abs. 6 BewG a.F. durfte der nach der Formel ermittelte Wert nicht geringer sein als der Wert, mit dem der Grund und Boden als unbebautes Grundstück nach § 145 Abs. 3 BewG a.F. zu bewerten wäre. Ein niedriger Grundstückswert war festzustellen, wenn der Steuerpflichtige nachwies, dass der gemeine Wert des Grundstücks niedriger war als der nach § 146 Abs. 2 bis 6 BewG ermittelte Wert (§ 146 Abs. 7 BewG a.F.).

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